Der kleine ICE und der große Krach Eines Abends war der kleine ICE auf der letzten Fahrt von Hamburg nach Frankfurt. Er war schon sehr müde, und die Sonne war längst untergegangen. Als alle Fahrgäste den Bahnhof verlassen hatten, durfte er endlich die Augen zumachen. Er schloss seine Türen und zog die Fensterrollos zu. Doch was war das? Wisch, wisch, schieb. „Hallo?“, flüsterte der kleine ICE. „Wer ist denn da?“ Keine Antwort. Im Bahnhof war es wieder still. Der Mond ging auf und schien durch die große Halle. Der kleine ICE machte die Augen wieder zu. Klapper, rassel, zisch. „Huch!“, schreckte er hoch. Da war doch wieder ein Geräusch gewesen. Er fragte die Tauben auf seinem Dach: „Habt ihr das auch gehört?“ Die Tauben hatten die Schnäbel in die Flügel gesteckt und gurten nur. „Entschuldigung“, murmelte der kleine ICE und gähnte. Gerade als er die Augen erneut zumachte, war es wieder zu hören. Wisch, wisch, schieb. Klapper, rassel, zisch. „Waah!“, entfuhr es dem kleinen ICE. Jetzt reichte es. Müde, aber entschlossen fuhr er die Gleise ab. Auf Gleis zwei stand Nick Nachtzug. „He“, sagte Nick hellwach und fröhlich. „Machst du auch eine Nachtschicht?“ Der kleine ICE gähnte. „Nein, ich kann nicht schlafen. Weißt du, was hier so’n Krach macht?“ „Keine Ahnung. Ich muss los, bevor meine Passagiere aufwachen. Tschüss!“ Während Nick Nachtzug davonrauschte, fuhr der kleine ICE weiter zu Gleis 11, wo Robbie Regio noch ein Buch las. „Kannst du auch nicht schlafen?“, fragte der kleine ICE. „Was? Ich hab gar nicht geschlafen“, sagte Robbie Regio viel zu laut und nickte sofort wieder ein. Der kleine ICE klappte das Buch von Robbie Regio zu und suchte weiter. Wisch, wisch, schieb. Was für ein Wesen mochte so klingen? War es etwa ein Monster? Klapper, rassel, rassel, zisch. Kam das von dem Abstellgleis dort hinten? Der kleine ICE nahm all seinen Mut zusammen und fuhr hinüber. „Erwischt!“, rief er. Doch da war kein Monster, nur Sally S-Bahn, die ihre Musik hörte. „Was geht, Kleiner?“, rief Sally. „Ach“, seufzte der kleine ICE. „Irgendwas macht hier einen großen Krach und ich kann nicht schlafen.“ „Krach?“, fragte Sally und lauschte. „Also, ich hör wisch, wisch – das Kehrfahrzeug. Schau, wie es den Boden wischt. Schieb – das ist der Bäcker, der die ganze Nacht frische Brezeln in den Ofen schiebt.“ „Oh“, staunte der kleine ICE. Wisch, wisch, machte wieder das Kehrfahrzeug. Schieb – die Bäckerei. Klapper – das Restaurant. Rassel, rassel – eine Zugbegleiterin. Kaffeemaschine. Und klackerdi, klack – die Rolltreppen. Alle waren eifrig dabei, am Morgen für die Passagiere bereit zu sein. „Ich verstehe“, sagte der kleine ICE. „Das sind ganz viele einzelne Geräusche.“ Er gähnte. „So eine Nacht kann lauter sein als gedacht.“ „Probier’s mal hiermit“, lachte Sally und setzte ihm ihre Kopfhörer auf. „Wie angenehm still“, seufzte der kleine ICE. Sally wollte sich gerade auf den Weg machen, als im Bahnhof ein neues, seltsames Geräusch ertönte: Schnarch, schnarch, schnarch. Es war der kleine ICE, der endlich tief und fest schlief.